Winzer berichten von prekärer Lage im Weinbau: Landschaftsbild an der Südlichen Weinstraße könnte sich drastisch ändern


Noch vor zwei Jahren sei es den Winzerbetrieben relativ gut gegangen, so Junker. Während der Corona-Pandemie sei sogar im Schnitt mehr Wein konsumiert worden. „Doch danach ging es in Sachen Konsum und Absatz rapide bergab – nicht nur in der Pfalz und Deutschland, sondern europaweit.“ Die Fassweinpreise seien auf einem Tiefstand, das zeige auch eine Untersuchung der Hochschule in Geisenheim, wie Junker darlegte: „Aktuell bekommen die Fassweinerzeuger, die ihre Weine über Kellereien vermarkten, nur noch 60 bis 70 Cent pro Liter. Damit verkaufen sie den Wein unter den Produktionskosten, die bei etwa 1,20 Euro pro Liter liegen. Das kann auf Dauer nicht gutgehen.“ 

Doch woran liegt das? Karl-Friedrich Junker nennt mehrere Gründe: Wegen der Inflation würden viele Menschen nur noch zu besonderen Anlässen Wein kaufen. Zudem nehme die Altersgruppe, die regelmäßig Wein konsumiere, ab, vor allem aus gesundheitlichen Gründen verzichteten immer mehr Menschen. Auch Jugendliche trinken laut dem Winzer weniger bis keinen Wein – ebenfalls aus gesundheitlichen Gründen, oder weil sie andere Getränke bevorzugen. Auch ein Alkoholverzicht aus religiösen Gründen spiele eine Rolle. „Während der Absatz einerseits eingebrochen ist, haben die Winzerinnen und Winzer mit bis zu 30 Prozent höheren Produktionskosten zu kämpfen, bedingt durch gestiegene Kosten für Personal, Energie und Pflanzenschutzmittel.“

Angebot übersteigt Nachfrage

All dies führt laut dem Kreisverbandsvorsitzenden der Bauern- und Winzerschaft zu einem Überangebot an Wein. Neben aktuellen Herausforderungen spiele auch die Entscheidung der Europäischen Union vor rund zehn Jahren hinein, eine Flächenerweiterung zu ermöglichen. Deutschland habe sich in der Folge auf 300 Hektar pro Jahr mögliche Erweiterungsfläche festgelegt. Somit sei zusätzlicher Wein produziert worden und auf den Markt gekommen, was nun das Überangebot verstärke. Auch deshalb und angesichts der aktuellen Lage könnten einige Winzer ihre Flächen künftig nicht mehr bewirtschaften – mit drastischen Folgen für SÜW.

„Wenn Winzer ihre Betriebe aufgeben müssen, wirkt sich das natürlich auf unser Landschaftsbild aus, und somit auch auf den Tourismus“, so Karl-Friedrich Junker. Hansjörg Rebholz, der vor Kurzem zum Ökonomierat ernannt wurde und bis April 25 Jahre lang den pfälzischen Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) leitete, ergänzte: „Jeder Winzer und jede Winzerin, die ihren Betrieb schließen muss, versucht, vorhandene Flächen weiterzuverkaufen. An landwirtschaftlich sensiblen Stellen, also dort, wo die Flächen schwer zu bewirtschaften sind, ist das aber nur schwer möglich.“ Ein Rückgang der Rebflächen sei nicht nur eine Herausforderung für die verbleibenden Weinbaubetriebe, sondern für den ganzen Landkreis, der stark vom Tourismus geprägt sei, so Rebholz: „Wer lebt und pflegt unsere Weinkultur, wenn es die Winzerinnen und Winzer nicht mehr tun?“ Junker fasste zusammen: „Obwohl es uns in der Pfalz noch vergleichsweise gut geht – wir gehen schwierigen Zeiten entgegen.“

Eine längerfristige Lösung könnten laut Junker Stilllegungsprogramme sein. Bedeutet: Eine Wiederbepflanzung von freien Weinbergen kann zum Beispiel um bis zu sechs Jahre herausgeschoben werden, ohne dass die Winzer ihr Pflanzrecht verlieren. Die Flächen könnten zwischenzeitlich zu Blühflächen umgewandelt werden. Die Winzer sollten dafür dann eine Ausgleichszahlung erhalten.

Landrat: „Möglichst zu heimischen Weinen greifen“

Angesichts der prekären Lage des Weinbaus in SÜW appelliert Landrat Dietmar Seefeldt an die Bürgerinnen und Bürger: „Wenn Sie Weinköstlichkeiten für die Feiertage, solide Alltagsbegleiter oder Weinpräsente für Freunde benötigen, dann kaufen Sie bitte, sofern es Ihre Haushaltskasse erlaubt, keinen Wein aus Neuseeland oder Chile im Supermarktangebot. Denn das Gute liegt so nah. Vortreffliche Weine und Sekte in verschiedenen Qualitätsstufen, immer häufiger auch alkoholfrei, von der Südlichen Weinstraße bekommen Sie in Ihrer unmittelbaren Nachbarschaft. Der Weinbau schenkt unserem Landkreis nicht nur den Namen, sondern ermöglicht und bereichert unsere Pfälzer Weinfestkultur, die Gastlichkeit, die Weinfeste. Tragen Sie bitte dazu dabei, dass uns die Winzerinnen und Winzer erhalten bleiben.“

Auf dem richtigen Weg.