„Bei vollstem Verständnis für das Bestreben die illegale Migration und grenzüberschreitende Schleuseraktivitäten einzudämmen, stellen wir fest, dass vielerorts lediglich der Alltag der Bevölkerung sowie der Unternehmen in der Grenzregion erschwert wird“, halten Seefeldt, Vogt und Schnaudigel fest. Sie rufen des Weiteren in Erinnerung, dass die Europäische Union 40 Landbinnengrenzen umfasse, wobei die angrenzenden Regionen etwa ein Drittel der Bevölkerung und des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der EU ausmachten. „Sollten sich weitere Mitgliedsstaaten dem Vorgehen der Bundesrepublik Deutschland anschließen, ist mit spürbaren sozioökonomischen Auswirkungen negativer Art zu rechnen“, mahnen die Politiker.
Ihre Haltung wird in der Region von weiteren Institutionen unterstützt, wie sie in ihrem Brief aufzeigen. So verweisen sie auf eine Resolution des Oberrheinrates vom 6. Dezember 2024 (Grenzkontrollen: Der Oberrhein ist auf durchlässige Grenzen angewiesen) sowie die vom EVTZ Eurodistrikt PAMINA miterarbeitete Resolution der Arbeitsgemeinschaft Europäischer Grenzregionen vom 24. Oktober 2024 (Resolution über den Einsatz von Grenzkontrollen als letztes Mittel innerhalb der Europäischen Union), welche beide die spezifische Situation von Grenzregionen unterstrichen.
Darüber hinaus machen Seefeldt, Vogt und Schnaudigel den Bundesinnenminister darauf aufmerksam, dass die Bundespolizei bereits jetzt an Kapazitäts- und Belastungsgrenzen stoße, was dazu führe, dass lediglich an großen Grenzübergängen systematische Kontrollen erfolgen können. „Aufgrund mangelnder Kommunikation und Koordination mit den französischen Behörden kommt es zudem zu der Situation, dass abgewiesene Personen nicht übergeben werden, sondern unerkannt in Frankreich bleiben. Diese Personen können in der Praxis in unmittelbarer Nähe einen ‚unbewachten‘ Grenzübergang passieren und in die Bundesrepublik einreisen. Hier stellen wir uns die Frage der Sinnhaftigkeit der Maßnahmen. Gleiches gilt für Zurückweisungen von EU-Bürgern, insbesondere hier wohnhafte Franzosen, welche ihren Personalausweis vergessen haben oder deren Pass abgelaufen ist.“
Die Verfasser des Schreibens beobachten einen wachsenden Unmut in der Bevölkerung und unter den Lokalpolitikern, die sich zunehmend mit Herausforderungen und Konfliktsituationen konfrontiert sehen, für die sie keine Verantwortung tragen, welche sie jedoch lösen müssen. „Ebenso nehmen wir verstärkt populistische Diskurse in der Presse sowie den sozialen Medien wahr, die durch die intensivierten Grenzkontrollen befeuert werden. Dies destabilisiert die über viele Jahre aufgebaute grenzüberschreitende Zusammenarbeit und stärkt antieuropäische Kräfte in beiden Ländern“, heißt es weiter.
Im Kontext des Vertrags von Aachen sowie im Jahr des 40. Schengen-Jubiläums trage die Bundesrepublik Deutschland eine besondere Verantwortung für gute nachbarschaftliche Beziehungen mit Frankreich und die Menschen sowie Unternehmen in den Grenzregionen, sind Seefeldt, Vogt und Schnaudigel überzeugt. Als Vertreter des EVTZ Eurodistrikt PAMINA bitten sie Dobrindt deshalb darum, „eine Kontrollpraxis einzuführen, die die sicherheitspolitischen Interessen Deutschlands schützt und zeitgleich die besonderen Gegebenheiten von stark integrierten grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen berücksichtigt. Das aktuelle Vorgehen an den Binnengrenzen zu Frankreich ist nicht zielführend und kontraproduktiv.“
